Wieviel Frost brauchen Schlehen?

Frage: „Wieviel Frost brauchen Schlehen, um für die kulinarische Weiterverarbeitung genießbar zu sein? Und kann das Frosten auch im TK-Fach stattfinden?“ (Christof aus Köln, Dezember 2018)

Diese Frage, wie ob und wieviel  Frost die Schlehe (Prunus spinosa) braucht, bevor sie kulinarisch verwertbar ist, beschäftigt die Cottage-Küche schon lange.

FAKT: Frost = Weniger Gerbstoffe + mehr süße Fructose

In folgender Studie* wurden bereits im Jahre 1910 Schlehen untersucht, die am 20. Oktober gepflückt und deren Gehalt an Glucose, Fructose, Gesamtsäure sowie an Tannin durchmessen wurde.

Zuerst im frischen, reifen Zustand. Und ein zweites Mal nach dem Gefrieren und anschließendem 4-tägigem Lagern. Auch wenn der Gesamtzuckergehalt nahezu unverändert blieb, wandelte sich doch ein Gutteil der Glucose in süssere Fructose um, gleichzeitig sank der Gehalt an Fruchtsäuren und Tanninen um fast 30%! (q.e.d)

Dem ist bis heute nichts hinzuzufügen! Der Dank der Recherche dieser schönen Fundstelle gebührt Gartenblogger Heiner Otterstedt.

Fazit:

Der Zuckergehalt eines Schlehen-Jahrgangs ist deutlich abhängig von der Zahl der Sonnentage. So schmeckten die Schlehen des Jahrhuntersommers 2018 Ende September fast so süß wie Haferschlehen. Ein Sonnenjahr ist also ideal zur Herstellung von -> Schlehenwein. Sonst würde ich davon absehen.

Schlehe: Praxis-Tipps zu Ernten & Frosten

Es handelt sich hierbei natürlich um eine Vielzahl von Faktoren, die einerseits von der Natur, andererseits vom Geschmack und Weltverständnis des Einzelnen abhängig sind. Gebräuchlich sind folgende Methoden:

  • Schlehen 1mal oder 2mal über Nacht einfrieren.
  •  Frost an Schlehenbusch abwarten. Die Theorie, dass Pflanzensäfte in das Holz zurückfließen ist unwahrscheinlich, da sich die Schlehe, sobald die Blätter abgefallen sind, im Winterschlaf befindet.
  • Hugh Fearnley-Whittingstall vom legendären River Cottage London empfiehlt, die Schlehen einfach möglichst lange am Busch Frost und Schnee zu überlassen.

Und wie letzterer mache ich es auch. Und bediene mich wie die Vöglein im Walde auch im Januar in der Tiefkühltruhe der Natur. Allein: Die Schlehenfrucht darf nicht aufgesprungen oder beschädigt sein – und sie muss noch diese typische, weissliche „Bemehlung“ haben. Und ich habe auch kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich realpragmatisch meine eingefrorenen Schlehen portionsweise dem TK-Beutel entnehme und sie dabei ab und zu etwas antauen…

* QUELLE: Dr. R. Otto, W. D. Kooper: "Beiträge zur Kenntnis des „Nachreifens“ von Früchten", in: Zeitschrift für Untersuchung der Nahrungs- und Genußmittel, sowie der Gebrauchsgegenstände. 1. Januar 1910, Volume 19, Issue 1, pp 10-13.