Frohe Ostern – Rezepte, Bräuche, wilde Kräuter

Ostern ist die Zeit des Neubeginns – und so gibt es eine Menge Brauchtum um die Zeit des Wilden Grün einzuleiten. Nun ist es müßig zu bewerten, wer wann warum welches Brauchtum pflegt: Wichtig ist, dass man es tut. Gemeinsam kocht, bäckt, sich vorfreut.

Die Zeit der Kälte und Finsternis ist vorbei.
Das wilde Grün explodiert.
Lasst uns das gemeinsam vorbereiten…
Alles Überflüssige in einem Lagerfeuer verbrennen.
Und ab Sonnenaufgang am Ostersonntag das Leben feiern.
Mit Familien und Freunden. Groß und klein, Alt und jung.

Heute will ich euch also von unserem Ostern erzählen …

unserem normalen Ostern, letztes mal so stattgefunden im uncoronösen 2019. Dieses Jahr feiern wir nur „Hausstand + 1“ …

Gründonnerstag: Eier färben UND 9-Kräuter-suppe kochen

Ab Frühlingsanfang legen die Hühner wieder täglich Eier. Und so haben wir dann zu Ostern genug Eier von den eigenen, garantiert glücklichen Hennen. Am Gründonnerstag um 15 Uhr geht es los: 9 Kräuter sammeln für die traditionelle 9-Kräuter-Suppe. 9 steht dabei für „Erneuerung“. Diesmal werden es vermutlich:

viel, viel Bärlauch, Brennnessel, Giersch, Löwenzahn, Spitzwegerich, wilder Schnittlauch, Schafgarbe, rote Buntnessel, Gänseblümchen.

Wir haben die Kräuter schon aus dem Schnee gekratzt und mit der Gründonnerstagssuppe mit Freunden die Biergartensaison eingeleitet. Letztes Jahr war es freundlich – das wilde Grün dank mehrerer Tage über 24°C üppig – und das Körbchen schnell gefüllt. Dieses Jahr ist es karger … Ganz gleich, es gilt das Handmaß: für jeden Esser eine gute Handvoll.

>> Rezept Gründonnerstagssuppe „Grüne Neune“ -> hier

Einer kocht dann Suppe – die anderen färben Eier. Die Eier werden dafür zuerst hartgekocht – dann mit Wachsmalkreide bemalt – und anschließend in Weckgläsern gefärbt…

Karfreitag: Das große Nichts

Ab Karfreitag gab es bei meiner Wildkräuter-Oma traditionell nichts mehr zu essen – bis Ostersonntag. Ihr könnt euch vorstellen, welch karge Stimmung über dem Haus hing. Jeder drückte sich herum. Oma verdrückte sich in Passionsgottesdienste. Heute gehen wir am Karfreitag meist hinaus – in die Hersbrucker Schweiz. Dort blühen mit ein bißchen Glück die Kirschen (so wie 2017), die Schlehen, die Taubnesseln und das Wiesenschaumkraut, das man sehr gut für „Grüne Sauce“ zum Osterfrühstück verwenden kann. Es hat eine angenehme Schärfe. Sollte die Natur noch nicht so weit sein, hilft der Kresse-Igel auf der Fensterbank…

Am Karfreitag und Karsamstag steht die Zeit still. In den katholischen Dörfern der Fränkischen läuten keine Kirchenglocken mehr, dafür laufen die „Ratscher“ durchs Dorf, verkünden die Stunden und laden in den Gottesdienst. Es gibt kein Fleisch auf den Speisekarten, dafür Doppelbock zu trinken und im Vorgeschmack auf Ostern „Urrädla“. Mein Bruder erzählt von der menschlichen Unmöglichkeit, die Schönheit der Vernuft zu wahr zu nehmen. Womit wir eigentlich ein passendes Thema hatten … Denn das Rad der Eitelkeiten dreht sich in Konzernen wie in der Politik – wie war das bei Pilatus, Judas und der gesamten Gruppendynamik am Ölberg? Die Söhne finden, man sollte nicht über Politik reden und halten sich lieber an das Urrädla (siehe Backwerk unten).

Ostersamstag: Alles muss weg

Das Osterfeuer. Alles brennbare Altholz vom Christbaum bis zum Brombeerheckenschnitt wird auf den Feuerplatz gebracht und verschürt. Dieser Brauch kommt eigentlich aus Norddeutschland, kommt uns aber ganz recht. Normalerweise kommen jetzt Freunde mit ihren kleinen Kindern. Sie lieben die Hühner, sammeln Eier und das Holzhacken. Dabei wird es einem bekanntlich 2x warm: Beim Hacken und beim Heizen. Heute also hacken. Es hat 11°C und in Herbalista’s Hütte – in der sie die Osterwoche verbringen  – muss man erst schüren. Den Kindern ist’s egal – die schaukeln in der Hängematte.

Bei meiner Oma wäre heute „Tantalus“-Tag gewesen: Osterfrühstück vorbereiten und dabei nichts zu essen. Für Kinder gabs ein Stück Gnadenbrot. Die Familie wäre energetisch auf Null und emotional auf dem Tiefpunkt angekommen. So streng sind wir nicht. Es gibt Brotkuchen am Feuer. Und natürlich wird das Osterfrühstück vorbereitet. Löwenzahn gestochen für die Antpasti morgen, Rüblitorte und Osterbrot gebacken, Spargel gekocht. Heute gehen wir früh zu Bett, denn Morgen ist das große Osterfrühstück mit der Familie.

>>Rezept für den Brennnessel-Brotkuchen–> hier

OstersONNTAG: Das große Fest

Traditionell beginnt Ostern mit einem Gottesdienst. Der fand für uns in Oed früher im kleinen Kirchlein St. Margreten im Dorf Ernhüll auf dem Berg statt. St. Margreten ist eine barocke Dorfkirche und um dahin zu kommen muss man 100 Höhenmeter und 2 km durch den Wald den Berg hinauf.

Ursprünglich wohl ein keltischer Kultplatz, dann katholisch, dann evangelisch … Ein Ort, an dem man dem Himmel näher ist. Dort versammelte sich früher die Dorfgemeinde gegen 5 Uhr zur Osternacht. Alle liefen im Dunkeln mit Taschenlampen den Berg hinauf. Überall im Wald blinkten Lichter, angezogen von der Kirche, die im Dorf eingebettet zwischen den Kuhställen inmitten des Friedhofs im Dunklen liegt. Der Gottesdienst begann – Chor, Flöten, Orgel – und er dauerte bis zum Ausgang aus der Dunklen Zeit … Lieder, Predigt, Gebete, Lieder … neben mir mein (damals noch) kleiner Sohn, etwas müde – aber gespannt. Die Zeit dehnte sich formlos – langsam wurde es heller – dann plötzlich wird es hellgrau, rosenrot, die Sonne geht auf und schickt uns den erlösenden Strahl durch das ovale Fenster auf der Ostseite. Heute findet die Osternacht aus Gründen organisatorischer Vereinfachung (und natürlich wegen Corona) leider nicht mehr auf dem magischen Hügel statt. Aber — wir haben eine unverdrossene Frau Pfarrer, und treffen uns um 5:30 im Freien.

Bei uns gibt es Oster-Brunch – jeder bringt etwas mit und dann wird gefeiert bis zum frühen Abend. Dieser Teil muss dieses Jahr leider entfallen. Wir werden also unter uns bleiben und unsere naturgefärbten Ostereier selbst verzehren.

Ich wünsche euch allen Frohe Ostern!

Eure Herbalista
Gabriele Leonie Bräutigam

PS: Jetzt hab ich viel erzählt von Ostern auf der Frankenalb im katholisch-evangelischen Grenzland… Und wie feiert ihr Ostern?

Bild Brotkuchen: Sammy Hart (aus: „Wilde Grüne Küche“ von Gabriele Leonie Bräutigam)