Mariä Himmelfahrt: Wie Brauchtum die Vorratshaltung regelt

AUGUST. An Mariä Himmelfahrt (15. August) feiern wir das große Finale der Erntezeit der Heilkräuter für Tees, Absude und Räucherwerk der „Grünen Hausapotheke“.

Die heimischen Heilkräuter haben durch den hohen Sonnenstand ihren Höchstgehalt an Wirkstoffen erreicht. Mariä Himmelfahrt ist ein katholisches „Hochfest“, vergleichbar mit Weihnachten, Ostern und Pfingsten und in katholischen Gegenden bis heute ein Feiertag.

Die Frauen sammeln rituell einen „Kräuterbuschen“, welcher feierlich in der Kirche gesegnet und dann in den „Herrgottswinkel“ der Stube oder mancherorts auch zum Schutz an die Tür gehängt. In unserem katholisch-evangelischen Mischgebiet der Simultankirchen wurden sie durchaus auch verbraucht, z.B. für (schützendes) Räucherwerk. So berichtet zumindest eine Nachbarin.

Magie der Zahlen im Kräuterbuschen: 3, 7, 12 oder 77

Wie viele Heilkräuter, Getreideähren und Nutzpflanzenblüten im Kräuterbuschen verarbeitet werden, darüber gehen die Angaben stark auseinander. Allen gemeinsam ist, dass es eine symbolische Zahl sein muss. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Kräuter naturgemäß je nach Vielfalt des Biotops variiert. Mein Kräuterbuschen enthält vermutlich (wenn der Regen es erlaubt) diese 12 nützlichen Heilkräuter:

  • Alant
  • Beifuss
  • Brennnessel(samen),
  • Dost
  • Frauenmantel
  • Goldrute
  • Johanniskraut
  • Rainfarn
  • Schafgarbe
  • Schwarze Königskerze
  • Quendel
  • Weberkarde

Ein Kräuterbuschen mit 77 verschiedenen Kräutern setzt vermutlich die überwältigende Vielfalt magerer Bergwiesen voraus. Oder einen wohl sortierten Klostergarten. Wichtig ist, dass es sich um eine symbolische, eine „heilige Zahl“ handelt: Zumeist 3 für die Heilige Dreifaltigkeit, 7 für die sieben Sakramente, 12 für die Anzahl der Apostel oder der Stämme Israels.

Auch Vielfache dieser Symbolzahlen ist möglich. In die Mitte des Kräuterstraußes gehört – als „Zepter Mariä“ – eine Königskerze, bekannt auch als Heilpflanze bei Husten. Dazu Thymian, Johanniskraut, Meisterwurz, Mariendistel, Schafgarbe, Arnika im Alpenland, Tausendgüldenkraut, Baldrian und Basilikum. Auch Frauenmantel, Goldrute, Augentrost, Beifuss, Wegwarte, Rainfarn, Ringelblume, Wermut und Dost sind Regionen gebräuchlich. Unter den Gartenblumen wurden vor allem Rosen und Nelken verwendet.

Tipps & Tricks für die Kräuterernte

Heilende Kräuter erntet man im Moment, in dem sie aufblühen. Es darf 24 Stunden nicht geregnet haben und die Pollen sollten samtig auf den Staubgefäßen stehen. Man stelle sich vor, man sei ein Schmetterling und mache keine Kompromisse in der Qualität. Ideale Erntezeit ist morgens, sobald der Tau abgetrocknet ist bis zum späten Vormittag. Gerade Kräuter mit ätherischen Ölen – Thymian, Quendel (unser heimischer Thymian), Majoran, Oregano, Dost (unser heimischer Oregano), Rosmarin, Salbei, Lavendel erntet man möglichst früh, da sich die ätherischen Öle wie eine schützende Wolke als lichtbrechender Sonnenschutz quasi eine Wolke um die Pflanze bildet. Dieses Phänomen erklärt den berauschenden Duft und das flirrende Licht der Lavendelfelder in der Provence. Die ätherischen Öle befinden sich dann allerdings nicht mehr in der geernteten Pflanze.

Kräuter richtig trocknen

Man trocknet die Kräuter an einem luftigen, warmen, sonnengeschützten Ort. Optimal geeignet ist ein (sauberer) Dachboden. Meine Großmutter trocknete sie auf großen Leinentüchern oder Zeitungspapier, das sie zu diesem Zweck frisch auf den Schlafzimmerschränken ausgelegt hatte. Ideal eigen sich natürlich auch Trockenrahmen, die man ganz leicht selbst basteln kann, indem man Fliegengitter auf einen Rahmen tackert und die Rahmen mit Abstandhaltern von ca. 7-10 cm stapelt.

Ich persönlich achte beim Ernten der Kräuter auch darauf, Blätter und Blüten sofort vom Stängel abzustreifen. Viele hängen die frisch geernteten Kräuter als Sträuße auf. Das setzt meines Erachtens allerdings voraus, dass man due Stängel anschließend mitverarbeitet, da die Kräuter, sobald sie „verletzt“ werden, ihre Energie versuchen Richtung Wurzel zu konzentrieren. D.h. ein guter Teil der Wirkstoffe wandert in den Stängel. Und so halte ich es wie meine Großmutter und streife die Kräuter, die ich als Tee verwenden möchte, gleich nach der Ernte ab, breite sie einlagig aus und fülle sie – sobald trocken – möglichst schnell in eine fest schließende, lichtgeschützte Dose.

Mit Mariä Himmelfahrt endet die Phase der Heilkräuterernte. Die Essenz der Kräuter ist nun eingebracht und verarbeitet. Getrocknet als Tee, angesetzt als Tinktur oder Elixir oder heilender Heilhonig. In der Natur reiften nun Obst und Wildfrüchte heran und werden ab September geerntet und verarbeitet.